15 Tipps für das erfolgreiche Betreiben eines Restaurants
Hotel.neu.denken im Interview mit Florian August, ehemaliger Senior Consultant bei Treugast, nun selbständiger Unternehmer und Inhaber des Restaurant ELLA im Lenbachhaus in München
Der Kurs, der mich am meisten im Studium geprägt hat, war Marketing mit Mrs. Faulk.
SWOT oder die 4 P- Analyse (Product, Price, Promotion, Place) haben mich dann regelmäßig auch im Hotel wieder eingeholt, wenn ich meinen Marketingplan schreiben sollte.
Unverständlich an diesen Plänen war, dass das Thema Restaurant einen sehr geringen Teil des Jahresplans betraf. Warum eigentlich ? Erwirtschaftet doch das Restaurant einen beachtlichen Teil des Umsatzes, und verursacht andererseits verhältnismäßig hohe Kosten. Es hat also einen erheblichen Einfluss auf das Hotelergebnis.
Ist das A la carte- Restaurant im Hotel vom Aussterben bedroht? Wird dieser Service nur noch angeboten, weil man ihn anbieten muss?
Klassischerweise bedienen Hotels über ihr Restaurant das Frühstück, Mittagessen und Abendessen.
Frühstück ist der Bestandteil, der wahrscheinlich den wenigsten Hoteliers Kopfzerbrechen bereitet. Bei oftmals gesalzenen Frühstückspreisen gibt es zwar auch hier den Trend zum Coffee to go, jedoch ist die Nachfrage durch die Hausgäste, gerade die Geschäftsreisenden, noch relativ stabil.
Anders sieht es aus, wenn es um ein kostendeckendes Angebot von Mittag- und Abendessen geht. Vielen Hoteliers fällt es schwer hier schlüssige Konzepte zu finden.
Und damit wäre ich auch wieder bei Mrs. Faulk, die automatisch die Frage nach SWOT Analysen und den P's gestellt hätte. Was macht mich „unique“ und welches „competitive advantage“ kann ich für mich beanspruchen? Welchen Mehrwert kann ich meinen Gästen bieten? Schwierig!
Nicht umsonst entschließen sich einige Hotels ihr Restaurant nach dem Frühstück zu schließen, nur noch ab einer bestimmten Hausbelegung zu öffnen, oder bei neuen Hotels gleich ohne Restaurants zu bauen bzw. das Restaurant an einen externen Betreiber zu verpachten.
Wie kann ich mit meinem Hotelrestaurant punkten? Was kann ich mir von „ gut laufenden“ Restaurants abgucken?
Zu diesem Thema habe ich (GP) Florian August (FA) befragt, der nach jahrelanger Erfahrung in Führungspostionen in der Hotellerie und als Senior Consultant bei Treugast beschlossen hat, sich mit seinem eigenen Restaurant
ELLA im Lenbachhaus in München selbständig zu machen.
GP: Florian, welches Konzept setzt du im ELLA um?
FA: Wir sind jetzt im vierten Jahr im ELLA. Wir bieten all- day- dining mit full- service. Die Küche ist sowohl regional italienisch ausgerichtet, als auch bayrisch und kosmopolitisch.
Unsere Speisekarte vereint 3 Komponenten, die zu unserer Positionierung beitragen:
- Den bayerischen Einfluss steuert Franz von Lenbach bei, der als Namensgeber des
Lenbachhaus- Museums in Schrobenhausen wohnte, also in der Nähe.
- Sir Norman Foster, der Architekt des Lenbachhauses baute auch Flughäfen in Peking. Er ist
Kosmopolit und bringt eben diesen Einfluss mit.
- Die Toskanische Villa nebenan als Teil des Gebäudekomplexes steuert das Italienische bei.
Das ELLA liegt jedoch an einem Hochfrequenzstandort. Mit 1100 Gästen am Tag mussten wir
die Karte so schreiben, dass es auch schnell gehen kann.
Bei weiten Wegen und vielen Sitzplätzen trotzdem noch den Anspruch an Qualität und Kreativität aufrecht zu erhalten, erfordert ein gut durchdachtes Konzept. Wir arbeiten mit ausgezeichneten Produkten, aber diese müssen mit wenigen Handgriffen einfach verarbeitet werden.
Komplexität kostet zu viel Zeit.
Am Abend, wenn die Gäste mehr Zeit mitbringen, können wir auch Gerichte anbieten, die ein wenig länger dauern. Grundsätzlich aber passt die italienische Küche zu uns, weil sie es im Gegensatz zur französischen erlaubt, mit wenigen handwerklichen Schritten zu arbeiten.
Wir bieten beispielsweise einen Salat mit Radieschen, Trüffeln und Granatapfelkernen an.
Anhand der Kombination der Zutaten des Salates lässt sich ganz gut unsere Ausrichtung erklären. Die Radieschen stehen für den bayrischen Einfluss, die Trüffel für den italienischen, die Granatapfelkerne für den kosmopolitischen.
Das ist einzigartig aber auch Mainstream genug, um von unserem Publikum angenommen zu werden.
Es erfordert Fingerspitzengefühl und auch Erfahrung an einem Standort, um solche Gerichte zu kreieren. Ich stelle fest, dass Gäste aufmerksamer genießen können, wenn es, wie bei dem Salat, eine kleine Geschichte hinter dem Gericht gibt.
GP: Was hat dich dazu bewogen dich selbständig zu machen?
FA: Das ELLA ist ein einzigartiges Projekt in einer hervorragenden Lage. Wäre es nicht so etwas Besonderes gewesen, hätte ich mich nicht aus meinem Status herausreißen lassen.
Ich hatte einfach Lust nach meiner theoretischen Ausbildung in der Schweiz, das Ganze auch operativ umzusetzen. Als Consultant habe ich unzählige Projekte betreut und Hoteliers und Gastronomen Tipps gegeben, wie sie bestimmte Dinge besser machen können. Das wollte ich auch für mich umsetzten.
Viel Wissen ließ sich aus dem Marketing- und Controllingbereich umsetzen. Human Resources jedoch ist in der Praxis am schwersten.
Der Fachkräftemangel macht sich, auch bei uns, trotz steigender Löhne deutlich bemerkbar. In der Theorie ist man sich nicht bewusst, dass mit den Mitarbeitern der Laden steht oder fällt.
Ein gutes Team ist wichtiger als der passende Wein oder Aperitif.
Wir haben im ELLA für unsere 140 Sitzplätze innen und 140 Sitzplätze auf der Terrasse 30-35 Mitarbeiter inklusive Stewarding, Sales & Marketing, Service, Küche und Geschäftsleitung.
Die brauchen wir auch. Full-Service Konzept heißt bei uns, dass dir auch der Mantel an der Tür abgenommen wird. Es gibt keine Self-Service Komponenten und wenn die Terrasse (die von der Bild Zeitung übrigens zur schönsten Münchens gewählt wurde) voll ist, muss auch das Zusammenspiel im Team funktionieren. München hat viele schöne Biergärten, wo ich mich jedoch selbst bedienen muss.
Wir differenzieren uns über den Service.
GP: Welche Herausforderungen gibt es für dich als selbständiger Unternehmer?
FA: Auf die Auswahl der richtigen Geschäftspartner ist am meisten Augenmerk zu richten. Das ist so, als ob du jemanden heiratest.
Die zweite große Herausforderung liegt darin, ein gutes Zeitmanagement einzuführen und Prioritäten zu setzen sonst stehst du in einem inhabergeführten Betrieb 24 Stunden auf der Matte.
Morgens um 8 Uhr kommt der erste Mitarbeiter und nachts um 2 Uhr wird die Abrechnung gemacht. Du musst als Inhaber da sein, involviert sein in die Buchhaltung, in das Marketing, die Gäste begrüßen und ansprechbar für deine Mitarbeiter sein.
Um nicht den Überblick zu verlieren, musst du delegieren und auch vertrauen können.
Umso wichtiger wird da der richtige Geschäftspartner, denn der sagt auch mal „Hau ab, geh nach Hause“. Man muss sich auch gegenseitig die Meinung sagen können.
GP: Welche Neuerungen / Innovationen hast du einfließen lassen.
FA: Die Herausforderung für das ELLA lag darin, die Mainstreamfähigkeit mit dem Besonderen zu verbinden. Wir hätten auch Carpaccio, Filet und Tiramisu anbieten oder ganz abgehoben sein können. ELLA ist genau dazwischen mit dem gewissen Touch, wie der Salat, den ich beschrieben habe. Den kann ich übrigens auch gut bei Gruppen einbauen, weil er eben schnell geht. Und zu all dem gehört ein loyales Mitarbeiterteam, das all das mit trägt.
GP: Ich weiß, dass dein Onkel, der ein Faible für gutes Essen hat, dich schon früh inspirierte. Wie lässt du dich heute inspirieren?
FA: Ich reise beispielsweise gern, spreche 5 Sprachen und bin selber auch ein Kosmopolit. Bevor ich das ELLA eröffnet habe, habe ich mich durch 20 Regionen in Italien durchgefuttert.
Wir wollen nicht kopieren, sondern unseren eigenen Stil entwickeln.
Spritz- Getränke sind in München angesagt. Wir haben deshalb unseren eigenen „Palermo Spritz“.
Die richtige Balance auf der Speisekarte zu finden, hat auch viel mit ausprobieren zu tun. Beispielsweise habe ich aus persönlicher Vorliebe zu einer sizilianischen Pasta mit Sardinen es auf unsere Karte setzen lassen. Das Gericht hat die Eigenart, dass es, untypisch für Pasta, ohne Sauce serviert wird. Unsere Gäste empfanden es als zu trocken, es gab nur Beschwerden.
Man darf nicht immer nur von dem ausgehen, was man selber gerne mag. Es könnte Gäste überfordern.
Den Gästekreis im Blick zu haben ist wichtig, gerade wenn er wie bei uns, sehr heterogen ist. Ein schönes Kompliment, was uns Gäste schon öfter ausgesprochen haben, ist: „Ich hätte nicht gedacht, dass man in einem Museumsrestaurant so gut essen kann.“
GP: Was sind deine Foodtrends?
FA: Gängige Produkte in einer besonderen Ausführung. Dass die Gäste das Produkt kennen, ist wichtiger als Bio, zum Beispiel.
Es muss leicht und gesund sein, aber auch Freude und Genuss gehört dazu.
Transparenz ist ebenfalls wichtig. Ich muss kommunizieren, wo das Lamm auf der Karte herkommt.
GP: Was sind deine Getränketrends?
FA: Das sind Mixer wie Tonic, Ginger Ale, Bitter Lemon aber dann oft von angesagteren Marken regionaler Betriebe, die solche Mixer ohne Chemie herstellen.
Die gleichen Alternativen gibt es auch bei klassischen Produkten wie Martini, Campari, Amaro. Wir beziehen so etwas von einem Mittelständler vom Chiemsee. Der Trend lehnt sich an die Entwicklung beim Craft Bier an, das kostet dann zwar etwas mehr, wird aber trotzdem gern nachgefragt.
Was gut ankommt sind Großformate.
Wir bieten Wein aus 3 Liter- oder Grappa aus 5 Liter-Flaschen an, den wir mit einer Pipette am Tisch servieren. Das ist etwas, was der Gast zu Hause nicht hat. Das ist in abgewandelter Form wie tranchieren am Tisch.
GP: Du hast verschiedene Bereiche in deinem Restaurant. Wann setzt du welchen Bereich wie in Szene?
FA: Ich bin froh, dass wir mit unserem Restaurant Layout auch intuitiv viel richtig gemacht haben. Hier Flexibilität zuzulassen, das ist ein ganz wichtiger Punkt, der auch für Hotelrestaurants gelten kann.
Wir unterteilen das ELLA in 5 verschiedene Bereiche:
• das klassische Restaurant
• Private Dining (abgeschlossener Bereich)
• Chef's Table (verlängerte Bar mit Hochstühlen)
• Bar
• Lounge
Die Bereiche können einzeln aber auch kombiniert benutzt werden. So können Gruppen ungestört einem Vortrag zuhören, während es nebenan in der Lounge eher ungezwungen zugeht.
Ohne die Flexibilität hätte ich viele Anfragen nicht bedienen können.
Das wir bei unserem Layout auf einige klassische Restaurant- Plätze verzichtet haben, hat sich im Endeffekt als positiv herausgestellt. Die Gäste essen auch gern an der Bar, wenn es voll ist.
GP: Wie rekrutierst und hältst du deine Mitarbeiter?
FA: Mittlerweile kommen bessere Initiativbewerbungen, weil es sich herumgesprochen hat, dass wir ein guter Arbeitgeber sind. Mund zu Mund Propaganda ist wichtig, schließlich sind Köche oder auch Servicekräfte untereinander vernetzt.
Entscheidend ist es für mich, gute Mitarbeiter auch zu halten. Dafür muss ich als Inhaber immer ansprechbar sein. Es sollte eine win-win Situation für Betrieb und Mitarbeiter entstehen, d.h. Der Chef bringt auch etwas ein.
Die Mitarbeiter dürfen in einem vorgegebenen Rahmen viel selbst entscheiden. Das zieht oft mehr als Geld.
Wenn ich meine Mitarbeiter befähige, hält mir das auch selber den Rücken frei.
GP: Welche Mitbewerber hast du und orientierst du dich an ihnen?
FA: Ich beobachte den Markt schon, aber ich weiß auch, dass es wichtig ist, dass du „deins“ gut machst. Das ist besser, als ständig nach den anderen zu schauen.
Wir versuchen uns von den anderen zu differenzieren, indem wir besseren Service, ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis und ein besseres Produkt bieten. Besserer Service heißt im ELLA herzlich, freundlich, individuell.
GP: Welche Konzepte von Hotelrestaurants haben dich positiv beeindruckt, was hältst du für wenig vielversprechend oder langweilt dich?
FA: Ich mag das Neni im 25 hours Bikini Berlin.
Es gibt ein klares Konzept, nämlich das coolste Restaurant in der Stadt zu sein.
Die architektonische Gestaltung des Eingangsbereichs ist ebenfalls schlau gelöst.
Der Gast muss nicht durch das Hotel, um in das Restaurant zu gelangen. Ihm wird so die Schwellenangst genommen. Übrigens ist glücklicherweise auch beim ELLA daran gedacht worden, einen separaten Eingang zu schaffen, damit der Gast nicht ausschließlich über das Museum zu uns gelangt.
Ähnlich gut wie bei 25 hours finde ich die Lösung von Motel One. Zwar ist das ein völlig anderes Konzept, aber man hat sich dort auch klar positioniert. Alles was wir nicht können, machen wir auch nicht. Das ist ehrlich. Stattdessen konzentriert man sich auf eine coole Lounge in der vernünftige Sandwiches angeboten werden.
Leider gibt es genügend Hotelrestaurants ohne Daseinsberechtigung.
Das ist dann klassischerweise der Frühstücksraum, in dem mittags noch die Seminargruppen verpflegt werden. In so einem Restaurant sollte man auf a la carte verzichten, anstatt halbherzig Schnitzel und Convenience anzubieten, weil man einem Standard entsprechen muss.
GP: Wie bewirbst du dein Restaurant?
FA: Wir machen keine klassische Werbung im Sinne von Anzeigenschaltung, weil ich dort nicht kontrollieren kann, ob es etwas bringt.
Wir beteiligen uns an vielen Aktionen.
Zum Beispiel bieten wir ein Menü mit korrespondierenden Weinen von meinem Lieferanten an. Der bewirbt dass dann über seinen Verteiler. So kann ich Neukunden gewinnen und für meinen Lieferanten ist es gut, weil er mir Wein verkaufen kann.
Unsere Website haben wir neu gestaltet, darauf legen wir Wert. Sie enthält nun weniger Text und mehr Bilder. So können wir viel schneller und effektiver Emotionen transportieren. Dann haben wir noch eine Facebook-Seite auf der wir unsere Promotions und ab und zu ein Stimmungsfoto posten.
Durch unsere Lage am Lenbachhaus haben wir des Öfteren auch Kontakt zur Presse, wenn dort z.B. Fotoshootings für die Vogue oder Elle oder Fernsehdrehs gemacht werden. Das ist dann Gratiswerbung, die wir natürlich gerne mitnehmen.
Danke für das Interview, Florian! Und weiterhin viel Erfolg.
Bilder: ELLA, mit freundlicher Genehmigung
ELLA, erfolgreich betreiben, Florian August, Gäste und Mitbewerber, interview, München, Restaurant
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