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Faktor Mensch

By Grischa

Kein Mensch ist ein „Faktor“, wir alle empfinden uns als unverwechselbare Person. In Dienstleistungsberufen ist es schwierig, diesen Anspruch auf Individualität zu garantieren.

Das besondere Hotel zeichnet sich dadurch aus, diesen latenten Konflikt zu meistern. Die Mitarbeiter werden sich dieses Privileg durch besonderes Engagement erhalten wollen. Und der Gast wird solch Hotel bevorzugen und im Bekanntenkreis empfehlen.

Das Gastgewerbe gilt aber leider als besonders rabiat im Umgang mit seinen Mitarbeitern. Eigentlich sollte das jeder Manager wissen. Spürt er doch, dass die junge Generation den Hotelberuf meidet.

Das Nachwuchsproblem brennt uns unter den Nägeln.

Allein mit besseren Gehältern und geregelten Arbeitszeiten ist das Problem nicht zu lösen. Arbeitnehmer wollen, dass der Broterwerb keine Tretmühle ist, sondern erfüllter Lebensalltag. Deshalb wollen sie mit bestimmen. Dies trifft natürlich in besonderem Maße zu auf die Berufseinsteiger. Also, stellen wir uns die Frage, was die Hotellerie tun muss, um das Nachwuchsproblem erfolgreicher als bisher „in den Griff zu kriegen.“

Könnte die Hotellerie Stundenlöhne zahlen wie die Autohersteller, dann gäbe es unser Personalproblem nicht. Berufseinsteiger würden sich um unsere Ausbildungsplätze reißen. Und wir hätten besser qualifiziertes Stammpersonal. Qualitätshotels sind jedoch kein Imageprodukt, so wie es das Auto ist. Keiner prahlt: „Mein Auto, mein Haus, mein Boot, mein Hotel!“ Selbst wenn, dann kommt garantiert der Hinweis, es sei ein einmaliges Schnäppchen gewesen.

Den Wettlauf um niedrige Preise tragen wir leider auf dem Rücken unserer Mitarbeiter aus. Dazu gehört auch der häufige Verzicht auf geregelte Arbeitszeiten. Auch dies lässt sich scheinbar nicht ändern, danach sieht´s anscheinend aus. Oder gibt es möglicherweise doch Wege, um den Hoteljob attraktiver zu machen?

„Entscheidungen vor denen wir am meisten Angst haben, schieben wir am längsten vor uns her…..obwohl das die wichtigsten Entscheidungen sind, die wir treffen sollten“. (Timothy Ferris)

Wer sich selbst gegenüber ehrlich ist, der weiß, dieser Satz stimmt. Dennoch erstarrt unsere Branche vielerorts im status quo. Obwohl klar ist, dass unsere Situation nicht besser wird, wenn wir auf dem bisherigen Kurs fortfahren.

Was wäre, wenn wir dem menschlichen Streben nach Selbstbestimmung entgegen kämen.

Wenn unsere Mitarbeiter mehr mitbestimmen dürften, wenn wir sie nach ihrer Meinung fragen, uns ihre spezifischen Erfahrungen an ihren spezifischen Arbeitsplätzen anhören und möglichst in das Hauskonzept integrieren. Das würde jeden stolz machen, „ ginge runter wie Öl“, würde ein bisschen glücklicher machen und die freiwillige Einsatzbereitschaft erhöhen (Empowerment).

Wer meint, dass diese innere (intrinsische) Motivation bei „Billiglöhnern“ nicht ankommt, der verkennt die uns allen gemeinsamen seelischen Grundzüge. Sollte es unter unseren Kollegen aber doch weniger sensible Charaktere geben, denen „Empowerment“ nichts bedeutet, dann werden gerade diese desto offener für äußere (extrinsische) Anreize sein. Dies obwohl, wie oben eingeräumt, es unter gegenwärtigen Bedingungen in der Hotellerie kaum möglich ist, die Gehälter breit gestreut anzuheben, ist es doch erwägenswert, Gehaltszulagen, Prämien oder geldwerte Vergünstigungen für besonderen Einsatz, für Vorschläge zur Optimierung von Arbeitsabläufen beispielsweise, in die Budgetplanung aufzunehmen. Die Leistungsbereitschaft im ganzen Mitarbeiterstab wird sich deutlich verbessern. Und die Mundpropaganda durch das Personal wäre eine kostenlose Nachwuchswerbung.

Gegenwärtig ist nicht schönzureden, dass sich unsere Mitarbeiter am Limit bewegen. Sieht der Gast doch dasselbe überlastete Personal zur Dinnerzeit und beim Frühstücksbuffet Stunden schieben. Solche Kollegen braucht man gar nicht zu fragen, ob man den eigenen Kindern oder Enkeln guten Gewissens empfehlen darf, sich in diesem Haus um eine Lehrstelle zu bewerben. Der Anblick solcher Arbeitsbedingungen spricht Bände.

Der Mitarbeiter, der keine Wertschätzung erfährt, der schlecht bezahlt wird, der keinerlei Vergünstigung für besonderes Engagement erhält, der erfüllt, nur der Not gehorchend, knurrend seine Pflicht. Das mag der Außenstehende gleichgültig oder bedauernd hinnehmen.

Die Arbeitsbedingungen der Berufsanfänger in Teilen der Hotellerie lassen jedoch kaum jemand kalt. Fürsorgliche Eltern befürchten, dass sie Gefahr laufen, ihre Kinder in ausbeuterische Verhältnisse zu geben, falls die Familie die Möglichkeit einer Hotellehre erörtert.

Deshalb ist es mit Blick auf die Nachwuchswerbung wichtig, Ausbildungsverträge nicht nur gesetzeskonform zu formulieren. Sie müssen auch nach Punkt und Komma, zu jeder Zeit, unter allen Begleitumständen und überall absolut eingehalten werden. Dieser eherne Vorsatz gilt für die Arbeitszeiten und den Umgangston im Küchen- und Housekeepingbereich.

Wenn neue Ideen, Leitbilder und Wertvorstellungen in der Belegschaft wirken sollen, dann müssen sie auch von dort kommen. Geschäftsleitung, Marketingabteilung, GM sollten dazu ermuntern, es tolerieren und fördern und vorsichtig ergänzen. Wenn Mitarbeiter, zu ihrem eigenen und zum Nutzen des Arbeitsgebers und des Gastes Neuerungsvorschläge machen und Ideen zum Leitbild fortentwickeln, dann wäre das goldwert.

In diesem sehr sensiblen Prozess tritt der Chef besser an den Rand und überlässt die Moderation einem Dreierteam des allgemeinen Vertrauens. Andernfalls könnten die Mitarbeiter schnell das Gefühl einer Show bekommen. Der GM sollte dann jeden Vorschlag mit seinen engsten Mitarbeitern beraten, bevor er als Hauptverantwortlicher seine Entscheidung trifft.

Es wird Mitarbeiter geben, die kein Verständnis dafür haben, dass der Chef seine Kontroll- und Entscheidungspflicht behält. Ebenso gibt es Bedenkenträger, die es für illusionär halten, dass eine Hotelbelegschaft sich selbst erfolgreich steuert. Die Einwände beider Seiten sind nicht von der Hand zu weisen. Der Gegenwind sollte nachlassen, wenn geklärt ist, auf welchen Feldern und in welchem Maße die Selbstbestimmung am Arbeitsplatz funktionieren kann.

Generell sollte jeder Mitarbeiter aufgerufen sein, Verbesserungsvorschläge für seinen speziellen Funktionsbereich machen. Mitarbeiteranregungen für Dienstkleidung, Dienstplan, Urlaubsregelung, Arbeitsabläufe, Ressourcen- und Abfalleinsparung, Elemente neuer Gastlichkeit, Änderungen des Erscheinungsbildes von Haus und Garten sind wichtig. Denn die gründlichsten Kenntnisse über Missstände haben die in ihren „ Ressorts“ erfahrenen Mitarbeiter, sie sind am ehesten informiert, was sich positiv verändern lässt.

Kritiker der Empowermentstrategie hätten wahrscheinlich größte Bedenken, so ein Risiko einzugehen. „Laissez faire geht schief“, …. „das ist zu optimistisch gedacht“, …. „Menschen sind zu verschieden in ihrer Einstellung zur beruflichen Arbeit“ sind gängige Warnungen vor zu viel Selbstbestimmung am Arbeitsplatz.

Sicher, es ist zu erwarten, dass es Versuche geben wird, Vertrauen und Selbstbestimmung ausnutzen. Also gilt doch; Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Nein, so eben nicht mehr!

Die Schnittmenge zu finden zwischen dem Wunsch nach Freiheit auf der einen und dem Abwälzen von Pflichten auf der anderen Seite, bleibt wichtige Chefaufgabe, der seine Mannschaft führt, ohne sie zu drücken, zu zerren oder zu jagen.

euer Grischa


Tags

empowerment, Hotelausbildung, Hotelmitarbeiter, human resources, Mitarbeiter, Mitarbeitermotivation, Nachwuchsproblem lösen


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