10 Fragen an Prof. Dr. Nils Hafner, Experte für Customer Relationship Management
Wie kann ich neue Gäste für mein Hotel gewinnen? Kommen meine Gäste wieder? Sind meine Gäste zufrieden? Was ist bei der Gastansprache zu beachten? Was könnte ich tun, um mehr zu erreichen?
Wenige Stammkunden sind für einen Großteil unseres Umsatzes verantwortlich und es ist 10 mal teurer einen Neukunden zu gewinnen, als einen Bestandskunden zu halten. Hoteliers kennen diese Aussagen. Sie stehen täglich im Kundenkontakt.
Der findet nicht nur auf persönlicher Ebene, d.h. beim Check-in/ out oder beim Small Talk an der Bar statt. In Telefonaten, Emails, Angebotsschreiben, Social Media Kontakten kommunizieren wir ständig.
Wir hinterlegen E-Mail Adressen in unser Property Management-System (PMS), um Newsletter zu verschicken und bieten Kundenkarten an. Wir senden Gästen einen Geburtstagsbrief oder lassen ihnen Obst auf ihr Zimmer bringen, wenn sie uns besonders wichtig sind. Informationen dazu hinterlegen wir im PMS. Schon 1920 notierte das Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg die persönlichen Eigenarten und Wünsche seiner Gäste auf Karteikarten, die dann dem Team als Informationsquelle dienten.
In unseren Hotels werden eine Vielzahl von wertvollen Daten gesammelt, aber nur wenige davon genutzt, weil die Kapazitäten dafür fehlen. Es besteht eine Herausforderung darin, Daten aus verschiedenen Abteilungen, die in unterschiedlichen Systemen hinterlegt sind, zusammenzuführen. Der Austausch von Informationen zwischen Tagungsabteilung, Housekeeping, Sales und Front Office findet kaum statt. Dabei schätzen es Gäste, wenn man sie namentlich begrüßt oder ihnen ohne Nachfrage den bevorzugten Espresso zum Frühstück serviert.
Customer Relationship Management (CRM) beschäftigt sich systematisch mit einem ganzheitlichen Unternehmensansatz. Es beschreibt die Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse sowie die dazugehörige Dokumentation und ermöglicht so ein Beziehungsmarketing.
Um Tipps für den Hotelalltag für den besseren Umgang mit CRM zu erhalten, will ich Nils Hafner*) einen Experten auf dem Gebiet dazu befragen.
Nils,
Welche guten und schlechten Erfahrungen hast Du in Hotels gemacht, wenn es um das Thema CRM geht?
Naja, da gibt es die ganze Range von Erfahrungen, grundsätzlich ist es doch eine Selbstverständlichkeit, dass, wenn man online bucht, die Daten bspw. in ein Anmeldeformular übertragen werden und man nicht vor Ort alles neu eingeben muss. Auch gehe ich davon aus, dass wenn ich schon einmal in einem Hotel zu Gast war, nicht jedes Mal ein leeres Anmeldeformular komplett ausfüllen muss. Solch ein Verhalten nervt und zeigt, wie wenig einem Hotel Stammgäste bedeuten.
Was vermisst Du in Hotels?
Vor allem wirklich individuelle Betreuung. Weiß das Haus, was ich gern mag, wogegen ich allergisch bin und ob ich Raucher oder Nichtraucher bin? Weiß das Hotel, ob ich zum ersten oder zum siebten Mal bei ihnen absteige. Und können Mitarbeiter hier wirklich individuell reagieren?
Was sind die CRM Trends aus anderen Branchen, die wir in den Hotels einsetzen könnten?
Vor allem einmal die systematische Beschäftigung mit dem, was der Kunde an allen Berührungspunkten (Touchpoints) mit unserem Hotel erlebt. Experten sprechen hier von der sogenannten „Customer Journey“. Welche Schritte durchläuft ein Kunde von der Realisierung seines Unterbringungsbedürfnisses, über die Buchung und den Aufenthalt bis hin zu einer dringend gewünschten Weiterempfehlung mit uns? Wann und wo freut oder ärgert er sich über sein Hotel?
CRM ist Bestandskundenpflege. Oder gilt das auch für die Neukundenakquise?
Das gilt auch für die Neukundenakquise. Wenn ich meinen Kundenstamm einmal analysiere kristallisiert sich schnell heraus, welche Kunden wirklich mehrfach kommen, unproblematisch zu versorgen sind und dann kann man auch einmal analysieren, wie diese Kunden aussehen, wie alt sie sind, wo sie wohnen, welche Reisegründe sie haben, welche Berufe sie haben etc. Und über Datenbankanbieter kann man hier ähnliche Profile erwerben und dann auch bewerben.
Wie greifen CRM und Marketing& Sales ineinander?
CRM ist ja primär einen Managementwerkzeug und damit die Grundlage des Wissens über den Kunden. In Marketing und Sales arbeite ich mit diesem Wissen und versuche vor allem aus meinen Erfahrungen positiv wie negativ zu lernen. Das Gelernte muss ich dann wieder in die Datenbank bringen. Wenn ein Kunde bspw. auf mehrere Promotionskampagnen nicht reagiert hat, brauche ich ihn vielleicht gar nicht mehr anzuschreiben. Es geht mir hier vor allem darum, dass es auch ein „zuviel“ an Marketing gibt.
Wie greifen CRM und Content Marketing ineinander?
Na ja, ein gutes Content Marketing bedingt ein exzellentes CRM. Wenn wir nicht wissen, warum die Kunden zu uns kommen, können wir nicht selektieren, welche Inhalte sie interessieren. Und genau für diese Inhalte wollen wir ja im Netz gefunden werden, das ist ja der Sinn des Content Marketings.
Können physische und digitale Kanäle in Einklang gebracht werden?
Auf jeden Fall. Das ist ja vor allem notwendig, damit der Kunde keinen falschen Eindruck von uns bekommt. So müssen bspw. alle Mitarbeiter wissen, was wir im Internet versprechen, wann der Kunde, bspw. welche email-Kampagne von uns gesehen hat und welche Sonderangebote es gerade gibt. So etwas muss zwingend im CRM System festgehalten werden. Das sogenannte Omni-Channeling ist heute eine Voraussetzung. Auch wenn der Kanalbegriff inzwischen veraltet ist. Wir wollen schließlich Dialoge mit unseren Kunden und darüber etwas über ihre Bedürfnisse (und Zahlungsbereitschaften) lernen.
In welchen Bereichen kann ich CRM automatisieren?
Vor allem bei der Anreise. Es gilt einmal aus der Sicht des Kunden zu reflektieren, was die guten und schlechten Erlebnisse sind, bis man sein Zimmer bezogen hat. Wieviel Zeit des Kunden verbraucht man? Automatische Datenübergabe zwischen Buchung und Anmeldung ist dabei nur ein Einzelaspekt und sicher fast schon Hygienefaktor. Warum nicht dem Kunden zwei Tage vor Anreise ein automatisch ausgelöstes Mail senden und ihm sagen, wie er am besten zu uns kommt, ihn nach Wünschen und Problemen fragen, Allergien erfassen und ihm die Information zukommen lassen, was es bei uns an diesem Abend leckeres im Restaurant gibt.
Wer macht gutes CRM, an wem kann man sich orientieren?
Die TUI hat bei der systematischen Gestaltung von Kundenerlebnissen in den letzten Jahren einen großen Fortschritt gemacht. Die Verantwortlichen wissen, dass nach dem Urlaub gleichzeitig vor dem nächsten Urlaub ist und versuchen, den Kunden hier systematisch über seine tollen Erlebnisse zum Träumen und zum Urlaubbuchen zu bringen. Die machen das meiner Meinung nach sehr gut.
Wie kann ich die Vielzahl von Daten verschiedener Abteilungen zusammenführen?
CRM ist ja ein zentrales Managementtool mit einer zentralen Datenbank. Wichtig ist, dass abteilungsübergreifend der Fokus auf den Kunden festgelegt und auch trainiert und von den Führungskräften gecoacht wird. Von allein passiert da nix. Das ist ein Führungsthema.
Vielen Dank für das Interview, Nils !
*) Prof. Dr. Nils Hafner ist seit 2007 als Professor an der Hochschule in Luzern tätig. Er forscht, doziert und publiziert primär im Gebiet des CRM und des Managements von Kundenerlebnissen bei Dienstleistungsunternehmen. Zusätzlich ist er Geschäftsführer der Customer Competencies Institut Dr. Hafner GmbH in der Schweiz. Auf seinem Blog „Hafner on CRM“ schreibt er über die interessanten, schönen, lustigen, skurrilen und traurigen Seiten des Thema CRM. Folgt Nils Nafner auf seinem Blog oder auf twitter.