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„Der Markt verzeiht keinen Investitionsstau“- Jan Patrick Krüger, GM des Hotel Berlin, Berlin im Interview über die anstehende Renovierung und Neupositionierung des 4.größten Hotels Deutschlands

By Grischa

Neben seiner Leidenschaft fürs Laufen kommen mir bei Jan-Patrick Krüger zwei Eigenschaften in den Sinn: strategisches Denken und seine einnehmend offene und ehrliche Art, mit der er Menschen gegenübertritt. Wie beides Einfluss auf seine Arbeit und seine Pläne hat, verdeutlicht mein gestriges Gespräch mit ihm.

Patrick, danke für deine Zeit!

1) Was sind die Eigenarten eines so großen Hauses?

Du musst dich bei einem Haus mit 200 Mitarbeitern zunächst einmal auf deine Abteilungsleiter konzentrieren, das sind bei uns 18 an der Zahl. Du darfst dich nicht im Detail verlieren. Es wird sonst zu komplex und dann wirst du dem Anspruch nicht gerecht, das Haus professionell zu führen.

Wenn man sich das von der Gästestruktur anschaut, ist da auch die große Vielfalt an Segmenten. Wir sind stark im Veranstaltungsbereich mit 48 Räumen, müssen schwache Monate wie Januar und Februar mit Crewgeschäft auffüllen und bedienen im Leisure Bereich Gruppen und Individualreisende. Und du kannst auch nicht auf das „hochpreisige“ OTA-Geschäft verzichten, um eine vernünftige Belegung zu erreichen.

2) Wenn du „hochpreisig“ sagst, sprichst du die Kommissionen an. Was macht ihr, um Direktbuchungen zu steigern?

Das ist ein Thema, was jeder Hotelier auf seinem Action Plan hat, weil uns die Kommissionen mittlerweile um die Ohren fliegen. Bei mir betrifft das neben dem Zimmerbereich auch in starkem Maße die Veranstaltung, wo du viel mit Agenturen zusammenarbeitest. Die wollen natürlich alle ihren Teil vom Kuchen haben.

Es ist Ziel, diese Sachkosten zu minimieren.

Wir stellen uns beispielsweise die Frage, was wir tun können, um Leute, die schon auf unserer Website gelandet sind, auch zu halten. Das geht u.a. dadurch, dass du deine Gäste darüber informierst, dass die Preise auf deiner Homepage mindestens so gut sind, wie die, die du bei den OTA’s eingestellt hast. Kleine Goodies, die du bei einer Buchung auf deiner Site on top gibst, können den Effekt verstärken.

Wir haben bei unserem prominenten Namen viel Traffic, aber die Conversion Rate stimmt noch nicht. Es macht einfach Sinn, über Maßnahmen nachzudenken, wie man Besucher dazu motiviert, auch zu buchen. Dabei unterstützt uns seit kurzem Travelclick, ein Distributionspartner, der sich nicht nur um das Setup der Homepage kümmert sondern auch um viele andere Aspekte, die mit dem Thema Distribution zu tun haben, beispielsweise der Booking Engine.

Das Zusammenspiel zwischen Travelclick, meinen eigenen Fachleuten aus dem Hotelteam und unserer Brand Agency läuft bisher gut, so dass ich davon ausgehe, die angesprochene Conversion auch zu erhöhen.

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 3) Was ist erforderlich um Marketshare in Berlin zu halten und auszubauen?

Zunächst brauchst du eine ganz klare Positionierung. Dafür ist ein griffiges Konzept notwendig, was gelebt wird und womit du dein Profil schärfen kannst. Du findest sonst am Markt keine Beachtung. Hotels, denen das gut gelungen ist kannst du auch in Berlin beobachten.

Zweitens haben wir festgestellt, das wir an einem Punkt angelangt sind, wo wir in unsere Hardware investieren müssen. Der Markt in Berlin verzeiht keinen Investitionsstau.

4) Kannst du in deine Pläne für die Renovierung und Neupositionierung Einblick gewähren?

Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt noch auf halbem Weg. Von Anfang an aber habe ich mir Fachleute aus verschiedenen Agenturen geholt, die mich unterstützten die Neupositionierung vorzunehmen. Mir geht es darum, die Customer Journey, d.h. von der eben angesprochenen Buchung auf der eigenen Website über die Einrichtung der Zimmer ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwerfen.

Was die Gastronomie angeht, orientiere ich mich an einer tiefgreifenden Veränderung, die aus meiner Sicht momentan am Markt stattfindet. So sind geschlossene Restaurants, wie wir es oft noch haben, bald Geschichte. Es wird auf offene dynamische Konzepte hinauslaufen, wo so eine Art Wohnzimmeratmosphäre herrscht. Da Treffen sich dann Leute, die an Stehtischen ihre Emails bearbeiten, andere wiederum zusammensitzen und sich unterhalten, wo sie chatten, wo sie Konferenz-Calls haben. Gleichzeitig wird nebenan Fußball gezeigt, die anderen spielen Billard, andere Essen und Trinken.

Das ist ein Konzept, was in Zukunft erfolgreich sein wird, unabhängig von der Größe des Hotels.

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 5) Was ist das Thema eurer Neupositionierung?

Ich kann und will da jetzt nicht zu viel verraten aber wenn man sich allein die Geschichte und den Namen des Hauses anschaut, denke ich, dass wir gut beraten sind uns auch als „Berliner Haus“ zu positionieren.

Wir feiern heute unseren 58sten Geburtstag und diese Tradition spürst du, weil sie einfach in den Menschen, damit meine ich Mitarbeiter aber natürlich auch die Gäste, verankert ist.

Man kennt das Haus in Berlin aber wir müssen ein bisschen weg von der Geschichte der Wiedervereinigung und eher hin zu der Vielseitigkeit, der Dynamik und der Liberalität der Stadt.

6) Welche Unterstützung erfährst du in dem Prozess durch euren Eigentümer?

Zunächst einmal habe ich das große Glück, dass Pandox die Notwendigkeit erkennt diese rund 20 Mio Euro zu investieren. Darüber hinaus verstehen meine Eigentümer, dass ich als Hoteldirektor nicht allein so ein großes Vorhaben umsetzen kann, sondern dass auch die Unterstützung durch Fachleute bei der Planung finanziell untermauert sein muss.

Man braucht die Offenheit und muss auch zulassen können, dass nicht nur der Renovierungsprozess Geld kostet, sondern die Positionierung der individuellen Marke ebenso viel Aufmerksamkeit bedarf.

Wir arbeiten mit einer strategischen Agentur in Oslo zusammen, die wiederum von einer Kreativagentur aus Brüssel unterstützt wird. Hier vor Ort soll der Prozess durch einen Brand Manager vorangetrieben werden, den ich gerade suche.

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 7) Wie läuft der Prozess der Ideenfindung ab?

Stell es dir so vor, dass du zunächst vor einem weißen Blatt Papier sitzt. Dann kommt die Agentur ins Spiel, die du erst einmal machen lassen musst. Wichtig ist natürlich, dass du der Agentur vertraust, um dich überhaupt mit ihr auf die Reise zu begeben. Deine eigenen Ideen, die du hast, solltest du erst einmal hinten an stellen. Bei uns folgten dann 3 Workshops, 2 in Berlin und einer in Oslo, in denen wir die strategische Positionierung vorgenommen haben. Ich habe dafür meinen Area VP mit an Bord genommen, so dass er auch aus seiner Erfahrung heraus Tipps geben und seine Ideen mit einbringen konnte.

8) An welchen Trends habt ihr euch orientiert?

Von unseren über 100 Hotels führen wir bei Pandox 20 Hotels selber. Eines davon ist das Urban House in Kopenhagen, was wir zu einem Hostel umgebaut haben.

In dem Haus spielt sich alles in den öffentlichen Bereichen ab. Du findest das bekannteste Tätowierstudio Dänemarks dort, es gibt einen gemeinschaftlichen Fernsehraum und die Gäste arbeiten und leben in den öffentlichen Bereichen. Nur zum schlafen geht man in die Zimmer. Das ist ein wichtiger Trend, wo es einige auch internationale Vorreiter gibt, z.B. Citizen M.

Ich denke, dass diese Wohnzimmer/ Wohlfühlatmosphäre Menschen dazu motivieren kann, zu bleiben. So etwas ähnliches stelle ich mir auch für mein Haus vor, gepaart mit einem stimmigen Food-Konzept.

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9) Wie seid ihr momentan strukturiert im Bereich Sales und Marketing und wie willst du das mit dem Umbau und der Neupositionierung weiterentwickeln?

Also, wir haben ein Commercial Team, was von einer sehr erfahrenen Kollegin als Director of Business Development geführt wird und aus rund 30 Mitarbeitern besteht. Wir haben jedoch festgestellt, dass für die internationale Vermarktung unseres Hotels auch die Unterstützung von ausländischen Agenturen Sinn macht. Wir arbeiten in England erfolgreich mit Hotel Republic zusammen und evaluieren ähnliche Firmen für den Skandinavischen oder US Markt. Im Bereich Marketing sind wir wie gesagt auf der Suche nach einem Brand Manager, der gar nicht unbedingt aus der Hotellerie kommen muss, der aber eine Markengeschichte erzählen kann, die auch im Haus gelebt wird. Dazu zählt, dass alle Mitarbeiter sich damit identifizieren können. Diese ganzen Vorhaben, die auch Geld kosten, fallen einfach leichter, wenn sie zu einer Zeit erfolgen, in der der Eigentümer noch viel größere Summen für die Renovierung der Hardware in die Hand nimmt.

10) Wie siehst du deine Aufgabe als Führungskraft in dieser Phase und auch generell? Wie hat sich die Führungsrolle in den letzten Jahren entwickelt?

Ich kann dir sagen, wie ich persönlich Führung für mich definiere. Ich bin jetzt seit 10 Jahren Direktor und habe mir vorgenommen, meine Häuser immer auf der Basis von Werten zu führen. Offenheit, Ehrlichkeit, fairer Umgang miteinander, Respekt, Haltung. Es ist mir wichtig, dass solche Werte im täglichen Umgang auch gelebt werden.

Die stark hierarchisch geprägte Führungsstruktur von damals hat sich weitestgehend abgeschafft. Mitarbeiter wollen heute einen Chef, der greifbar, nahbar, verfügbar ist und Souveränität ausstrahlt. Das größte Kompliment, was mir ein Mitarbeiter einmal gemacht hat war: „Herr Krüger, unter ihrer Führung habe ich nie Angst“. Du musst auch in schwierigen Situationen Ruhe ausstrahlen. Das überträgt sich auf die Mitarbeiter.

Heute bin ich viel mehr Coach, d.h. in die Prozesse der Mitarbeiter involviert, um sie auf ihrem Weg zu unterstützen. Ich bin mir dessen bewusst, das jeder Mensch negative Eigenschaften aber auch Talente hat. Die Talente fördere ich und nehme Rücksicht auf Schwächen. Als Beispiel: Wenn ich weiß, das ein Mitarbeiter gut ist im Bereich Mitarbeiterführung oder auch fachlicher Kompetenz aber kein „Kommunikationskönig“, dann gehe ich darauf ein, in dem ich hier und da auch mal nachfrage. So kann ich eine Umgebung schaffen, in der sich ein Mitarbeiter wohl fühlt anstatt ständig nur mit seinen Schwächen konfrontiert zu werden.

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 11) Hat sich auch die Einstellung der Mitarbeiter zur Arbeit verändert? Kannst du da generell eine Entwicklung bei den verschiedenen Generationen feststellen.

Es ist egal, ob wir von GenY, X oder Z reden. Ich glaube, das ungeachtet wie man es nennt, die Ansprüche der heute 20jährigen andere sind, als damals die unseren. Das liegt logischerweise auch an den Umständen, unter denen die jungen Leute heute groß werden. Während wir uns um einen Arbeitsplatz bemühen mussten, herrscht heute Vollbeschäftigung. Wenn ich als heute 20jähriger mitkriege, dass meine Eltern ihr Leben lang nur gearbeitet haben, dann darf ich mich nicht wundern wenn im Vorstellungsgespräch nicht die erste Frage nach dem Gehalt, sondern nach Faktoren wie Urlaubstagen oder möglichen Sabbaticals kommt.

Entscheidend ist, dass du dich in deiner eigenen Denke diesen neuen Gegebenheiten öffnest und lernst damit umzugehen.

In einem Haus mit 200 Mitarbeitern kommt dazu, dass du durchaus auch eine gewisse Flexibilität hast, Positionen zu besetzen. Ich ermögliche 2 Müttern beispielsweise sich eine Position zu teilen, um so eine Chance zu bieten Arbeit und Beruf unter einen Hut zu bringen. Bei den Azubis haben wir darüber hinaus gute Erfahrungen gemacht, wenn wir sie nach der Ausbildung übernehmen. Um Azubis überhaupt zu bekommen engagieren wir uns. Wir bringen beispielsweise ein riesiges Plakat an der Hauswand an, was darauf aufmerksam macht, das wir Azubis suchen. Wir lassen unsere Ausbildung zertifizieren, wir bieten Azubis Crosstrainings in Schwesterhotels an, wir beteiligen uns an Meisterschaften, wo wir auch gute Plätze belegen und den Teilnehmern Geldprämien zahlen. Wir fordern und fördern und haben auch Regulative, die dafür sorgen, das Mitarbeiter nicht ausgenutzt werden. Diese Kombination macht Schule. Aber- es ist Arbeit, bei der auch ich mich stark persönlich einbringe, um Wertschätzung entgegenzubringen.

12) Du bist passionierter Marathon-Läufer. Das hat dich als Mensch aber auch als Führungsperson geprägt. Kannst du beschreiben, wie du das Joggen nutzt, um Kunden zu binden.

Es ist in der Tat so, dass das Laufen eine ganz wichtige Komponente in meinem Leben ist, weil ich auch einfach nicht will, dass mein ganzes Wohlbefinden nur auf dem Beruf fußt.

Ich laufe schon seit dem ich ein Steppke bin, habe es aber vor 3 Jahren so richtig für mich entdeckt, als ich begonnen habe mir Ziele zu stecken, die ich dann auch erreichen wollte. Das waren Zeiten unter 2 Stunden 50 Minuten oder jetzt das Ziel einen Ultramarathon zu laufen.

Die Ruhe, die ich beim Laufen habe ist für mich ein großer Luxus. Die Fitness und Leistungsfähigkeit, die ich mir beibehalte, ist in erster Linie natürlich für mich selber aber ich habe auch geschaut, wie ich das Hotel integrieren kann. Die Idee mit Gästen zu laufen ist aus der Erkenntnis entstanden, dass es zunehmend schwerer wird Kontakt aufzunehmen. Früher gab es den GM’s Cocktail um 19 Uhr an der Bar. Heute arbeiten die Leute abends länger, ziehen sich dafür aber morgens ihre Laufschuhe an, um im Tierpark eine Runde zu drehen.

Ich habe das beobachtet und beschlossen alle 2 Wochen Termine anzubieten, wo Gäste mit mir gemeinsam Laufen und gleichzeitig Tipps über Marathons und Informationen über Sehenswürdigkeiten in der Stadt erhalten können. Es hat sich eine tolle Eigendynamik entwickelt, so dass ich teilweise auch schon mit ganzen Veranstaltungsgruppen laufe. Sich dann durchgeschwitzt morgens in kurzen Hosen gegenüberzustehen ist die beste Kundenbindung, die es gibt.

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13) Was sind deine Wünsche für die Hotellerie?

Ich finde bedauerlich, dass sich die Hotellerie in einigen Zirkeln und Networking- Events selber feiert und man sich gegenseitig auf die Schulter klopft. Von solchen Veranstaltungen halte ich mich fern, erkenne aber das sie zunehmen.

Ich glaube, dass man in der Hotellerie demütig bleiben sollte, weil sich Rahmenbedingungen schnell ändern können. Nimm das Beispiel Brüssel, wo wir als Kette 5 Hotels haben, die nach den Anschlägen unglaubliche Umsatz- und Produktivitätsverluste erlitten haben. Ich war froh, das Pandox kurzfristig in der Lage war und ist, solche Rückschläge aufzufangen.

Demut hilft dabei „wach“ zu bleiben, und das ist bei der Krisenanfälligkeit unserer Branche wichtig.

Patrick, vielen Dank für das Gespräch!

Jan-Patrick Krüger, GM Hotel Berlin, Berlin
Jan-Patrick Krüger, GM Hotel Berlin, Berlin

Credits: alle Bilder Hotel Berlin, Berlin mit freundlicher Genehmigung


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berlin, Citizen M, F&B Konzept, Gäste und Mitbewerber, GM, Hotel Berlin, Hotelrepublic, Jan-Patrick Krüger, Marketing, Mitarbeiter, Neupositionierung, Pandox, Renovierung, Sales&Marketing, Urban House


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  1. Ein wirklich toles Interview mit klasse Ansätzen. Ich wünschte man hätte aber auch die Frage nach dem Fachkräftemangel gestellt. Das ist eine der größten Herausvorderungen in der Hoterllerie und Gastronomie momentan.

  2. Danke, Thorsten. Fachkräftemangel ist ein Riesenthema, ohne Frage. Jan- Patrick Krüger’s Personalpolitik (s. Frage 11) wirkt dem entgegen. Das sind Schritte in die richtige Richtung, die Viele (nicht Alle) gehen.

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