Auf meiner Suche nach Antworten, wie man das Image der Hotellerie verbessern und die Branche attraktiver machen kann, traf ich vor einigen Tagen Kerstin Josupeit von der Verbundberatung Berlin.
Wir sprechen über die Vorteile der branchenübergreifenden Ausbildung, das Engagement von Kerstin Josupeit’s Team und ihre Sicht auf das Image der Hotellerie.
Kerstin Josupeit, vielen Dank für Ihre Zeit.
Was machen Sie bei der Verbundberatung? Mit wem kooperieren Sie? Welche Initiativen gibt es?
Das Ziel der Verbundberatung ist die Schaffung von mehr und attraktiveren Ausbildungsplätzen in den Berliner Unternehmen mittels Verbundausbildung, und dies auch branchenübergreifend.
Ein Beispiel: Ausbildung im Beruf Elektroniker für Betriebstechnik in der Berliner Hotellerie. Möglich ist dies durch die Kooperation mit einem mittelständischen hochspezialisierten Pneumatik-Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer geworden. Oder nehmen Sie die Verbundausbildung von Hauswirtschafterinnen in Hotels gemeinsam mit Pflegeeinrichtungen. Restaurants mit vegetarischer oder gar veganer Küche könnten zusammen mit klassischen Restaurants im Beruf Koch ausbilden, Kantinen oder Hotels garni den Ausbildungsinhalt Service in à la-carte Restaurants vermitteln lassen. Die Liste der Berufe und möglichen Verbünde ließe sich fortsetzen. Was ich mit diesen wenigen Beispielen ausdrücken will, ist, dass fast jedes Unternehmen qualitativ hochwertig ausbilden könnte, wenn es das Modell der Verbundausbildung wählen würde.
Unser Team aus 4 Branchenspezialistinnen klärt die Unternehmensvertreter und Personalverantwortlichen einerseits über diese Möglichkeit auf und berät andererseits hinsichtlich möglicher Verbundpartner, die die Vermittlung der bei ihnen fehlenden Ausbildungsinhalte übernehmen. Wir bahnen die Verbünde an und unterstützen ganz konkret, wenn es um das Abschließen der Kooperationsverträge sowie die Beantragung von Fördermitteln geht. Dafür und für die Förderung von Ausbildung junger Leute mit fehlenden oder geringen Schulabschlüssen, Alleinerziehenden oder Frauen in atypischen Berufen stellt das Land Berlin finanzielle Mittel zur Verfügung, die den ausbildenden Unternehmen direkt zu Gute kommen.
Gern weise ich auch darauf hin, dass dieses Projekt deutschlandweit einmalig ist, d.h. die Verbundberatung wird getragen von der IHK Berlin, der Handwerkskammer Berlin, dem Verband der Freien Berufe in Berlin e.V. (VfB) sowie der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB). Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des Programms Berlin Arbeit durch das Land Berlin.
Wie sind Sie zur Verbundberatung gekommen, was ist ihr Background?
Einer der Partner des Projektes Verbundberatung ist ja auch die Industrie- und Handelskammer Berlin. Dort war ich vorher u.a. als Ausbildungsberaterin für die Berufe der Hotellerie und Gastronomie tätig, habe mich aber schon immer auch in übergreifenden Bildungsfragen engagiert, z.B. Berufsorientierung oder Berufsbildungsexport. Von der Ausbildung her bin ich Pädagogin. Die mit dieser Aufgabe verbundene Mischung aus Marketing für unser hervorragendes Ausbildungssystem und konkreter Beratungstätigkeit ist spannend und erfordert ganz unterschiedliche Kommunikationsstile.
Welche Erfahrungen machen Sie mit Unternehmen, was sind die Bedürfnisse der Hotels?
Es gibt kaum einen Unternehmensvertreter, der den Service der Verbundberatung nicht zu schätzen weiß.
Mit unserer Unterstützung können die Hotels ihre Ausbildung attraktiver gestalten und auch auf bisher nicht vorhandene Berufsbilder ausweiten. Sie können uns „beauftragen“, Verbundpartner nach ihren Notwendigkeiten und Vorstellungen zu suchen. Und sie können sich darauf verlassen, dass wir den gesamten Prozess der Verbundausbildung begleiten.
Häufig fehlt den Unternehmensvertretern aus dem Arbeitsalltag heraus allerdings der Blick auf die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die Ausbildung im Sinne der zukünftigen Fachkräfte interessanter zu gestalten und auf zusätzliche Ausbildungsangebote auszuweiten.
So sehen wir immer noch viel Potential in der Verbundausbildung technisch-gewerblicher Berufe und haben hierfür gerade eine Umfrage in der Berliner Hotellerie gestartet.
Durch die Auflistung konkreter Ausbildungs- und Arbeitsinhalte geben wir den in diesem Bereich zumeist unerfahrenen Personalverantwortlichen der Hotellerie ein Hilfsmittel an die Hand, um ihren Bedarf einzuschätzen. Wir nutzen dies dann für die mittelfristige Planung eines oder mehrerer Verbundkonzepte für die interessierten Hotels.
Wir zeigen darüber hinaus auch auf, welche Ausbildungsinhalte durch eine qualitätssteigernde Verbundausbildung vertieft werden können. Nehmen wir den Koch, der sich für Süßspeisen begeistert. Hier bietet sich ein Verbund mit einem Konditor an. Will der Restaurantinhaber dem Auszubildenden einen Arbeitsvertrag anbieten und seine eigene Küche auf veganes Angebot ausweiten, kann dies mit einem entsprechenden Verbund auch schon während der Ausbildungszeit vorbereitet werden.
Wie kann man das Image der Hotellerie stärken und was kann man tun, um mehr Bewerber in die Branche zu vermitteln?
Viele Verantwortliche in der Hotellerie legen heutzutage mehr Wert auf die Motivation eines Bewerbers, denn auf seine schulischen Noten. Wer sich trotz eines einfachen Schulabschlusses ohne Fehlzeiten und mit Erfahrungen aus Schulpraktika bewirbt, hat eine deutlich bessere Chance auf einen Ausbildungsplatz als noch vor einigen Jahren.
Die Personalverantwortlichen sind sich bewusst, dass dann häufiger ausbildungsbegleitende Maßnahmen oder andere Unterstützungsleistungen notwendig sind. Dies wird aber im Gegenzug durch eine größere Unternehmenstreue ausgeglichen.
Zwei andere Zielgruppen sind Abiturienten und Studienaussteiger. Auch wenn sich nach Aussage einiger Personalverantwortlicher wieder mehr von ihnen für eine klassische Berufsausbildung bewerben, stimmt die Aussage nach wie vor, dass die jungen Menschen anspruchsvoll sind. Dies gilt genauso für diejenigen, die auf dem akademischen Weg nicht erfolgreich sind und nach Alternativen suchen. Sie leisten gern und viel, wenn sie Wertschätzung durch ein gesundes Maß an Fordern, Fördern und Fairness spüren.
Daher sollten die Hotels die langsame Umkehr des Akademisierungstrends als Chance für die Entwicklung von attraktiven, auch an den Interessen der Auszubildenden orientierten, Ausbildungs- und Personalentwicklungskonzepten entlang der gesetzlichen Vorgaben nutzen und sich eingestehen, dass deren Umsetzung nur mit einem entsprechend ausgestatteten Personalbudget möglich ist. Und diese Konzepte müssen natürlich in die Unternehmenskultur eingebettet sein, um ein weitgehendes Miteinander von zukünftigen und übrigen Mitarbeitern zu Gewähr leisten.
Eine ehrliche Außendarstellung ist dabei enorm wichtig. Sie muss auf die besonderen Arbeitsbedingungen hinweisen, gleichzeitig aber die hervorragenden Perspektiven aufzeigen, die mit einer Berufsausbildung in der Hotellerie verbunden sind, von der Karriere innerhalb des gewählten Berufen bis zu Managementpositionen und dies weltweit.
Kerstin Josupeit, vielen Dank für Ihre Einschätzung.
Credits: Bilder mit freundlicher Genehmigung Verbundberatung Berlin